Liebe Freunde, bereits um 8 Uhr hieß es heute: Abfahrt zur ersten Schule, der Kuha Elementary School in Lae’lay Maychew.
Wir haben diese Schule bereits im vergangenen Jahr besucht, damals aber waren der Brunnen und die Sanitäranlagen noch mitten in der Bauphase. Inzwischen ist alles fertig, Grund genug für uns, noch einmal vorbeizuschauen.
Obwohl der Weg zur Schule nur ungefähr 16 Kilometer betrug, waren wir rund anderthalb Stunden unterwegs. Zu Beginn unseres Weges waren die Straßen noch von Erwachsenen und spielenden Kindern gesäumt, doch dann wurde die Landschaft zunehmend einsamer. Irgendwann hörte auch die ebene Straße auf, es ging durchs Gelände weiter. Zweimal mussten wir aussteigen, um tiefe Schlaglöcher mit Steinen aufzufüllen, um überhaupt darüber fahren zu können. Die letzten Meter ging es dann nur noch zu Fuß weiter – was mit dem ganzen Equipment eine ganz schöne Anstrengung war.
Als wir die Schule erreichten, wurden wir bereits von allen Lehrern und Schülern erwartet. Mit selbstgebastelten Schildern und Banner („Welcome Neven Subotic Foundation – Water is Life“) und passenden Gesängen hieß man uns willkommen. Gegenseitig stellten wir uns kurz vor, dann ging ein Teil von uns zum Direktor, der andere fing draußen die ersten Bilder ein.
Anschließend stand ein Rundgang durch alle Klassen an, so dass wir einen Einblick in den Schulunterricht der Jahrgangsstufen 1 bis 4 bekommen konnten. Von Mathe über Biologie und Geografie war alles dabei. Es war sehr interessant zu sehen, wie der Unterricht abläuft.
Danach hatten wir ein wenig Zeit, um die Kinder ein bisschen besser kennen zu lernen. Vor allem mit zwei Mädchen kamen wir nach einer kurzen Kennenlernphase tiefer ins Gespräch: Kewanit und Brikti.
Die beiden zehnjährigen Mädchen erzählten uns aus ihrem Alltag. Beide besuchen die vierte Klasse, sind aber bereits seit der ersten Klasse Freundinnen. Sie treffen sich auch außerhalb des Unterrichts, um gemeinsam zu spielen oder die Tiere zu hüten. In unserem Gespräch berichteten sie uns, dass sie, bevor der Brunnen und die Sanitäranlagen an der Schule errichtet wurden, Wasser vor allem aus dem nahe gelegenen Fluss bezogen haben und diesen auch als Toilette nutzen mussten – was den Nachteil hatte, dass die Jungs regelmäßig über sie lachten.
Dank des neuen Brunnens und der neuen Sanitäranlagen hat sich ihr Leben stark verbessert. Sie können ihr Wasser nun direkt an der Schule beziehen und in Ruhe auf die Toilette gehen. Diese Privatsphäre ist gerade für Mädchen sehr wichtig. Zudem haben sie durch die Wasserspender an den Toiletten nun die Möglichkeit, sich die Hände mit Seife zu waschen und somit vor allem leicht vermeidbaren Krankheiten vorzubeugen.
Neben diesen Verbesserungen im Alltag freuen sich die Mädchen vor allem aber darüber, dass ihnen die Einrichtungen es ihnen überhaupt erst ermöglichen, überhaupt zur Schule zu gehen. So mussten beide vorher jeweils 30 bis 60 Minuten laufen, um Wasser zu holen – Gründe, die oft dazu führten, dass Kewanit regelmäßig zu spät zum Unterricht kam oder Brikti erst gar nicht zur Schule gehen konnte.
Dass der Besuch der Schule aber sehr wichtig ist, ist beiden klar: So berichten beide, dass ihre Eltern nicht die Möglichkeit hatten, zur Schule zu gehen und demnach Analphabeten sind – ein Schicksal, das den beiden auch hätte drohen können, würden sie nicht jetzt die Möglichkeit des Schulbesuchs haben. Beide sind dabei sehr ambitioniert: Kewanits Lieblingsfach ist Physik. Sie möchte irgendwann mal Lehrerin werden. Briktis Lieblingsfach ist Mathe, sie möchte mal Ärztin werden.
Morgen werden wir Brikti und ihren Bruder bei ihrem Heimweg von der Schule zu ihrem Zuhause begleiten und hoffentlich noch mehr über das Leben der Kinder erfahren.
Für heute hieß es nach diesen Gesprächen aber erst einmal wieder Sachen packen. Nach einer liebevollen Verabschiedung und erneut anderthalb Stunden Fahrt landeten wir wieder im Hotel. Feierabend war allerdings noch nicht, es stand noch viel Arbeit an: Videos bearbeiten, Videos schneiden, Berichte schreiben, dann noch zu Abend essen. Anschließend ging es ab ins Bett. Morgen geht es schließlich früh weiter, wir sind schon ganz gespannt auf die weiteren Begegnungen und Gespräche.
Eure Carolin und eure Shari
Die Fotos stammen von unserer Fotografin Vera Dammberg und unserem Videografen Caspar David Schaede.